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Schnösel und das Geheimnis der Semmelbrösel
Ein erzählendes Theaterstück in 6 Akten (Abschnitten)


1. Abschnitt

Das Geheimnis der schnöselschen Semmelbrösel



Schnösel versucht eine Semmel zu werden, was ihm mittels Requisiten auch hervorragend 
gelingt. (Er schlüpft in eine große Semmel mit Hosenträgern.) 


      Zeichnung->

Zeug (aus anderem Buch entnommen).

2. Akt

Schnösel kommt zur Einsicht, daß er, wenn er Brösel machen soll, zur Semmel werden muß  
und sich nicht nur als Semmel ausgeben. Also sprach Schnösel: "Dann werde ich also zur 
Semmel." Und erklärt, wie er zur  Semmel wurde, was er von Semmeln halte 
und was eine Semmel eigentlich ist.
Ja und was ist eine Semmel eigentlich? Auch dieses Problem kann die aus dem Herrn 
Schnösel gewordene Semmel beantworten.
Es folgen gescheite Reden, die so voll Gerechtigkeit und Wahrheit und Güte sind, daß  es 
einem wirklich rühren kann. Die Philosophie der gesamten  Welt spiegelt sich darin und das 
Lebensglück der gesamten Menschheit. Es ist  großartig bis zu dem Zeitpunkt, wo dem Herrn 
Schnösel die Langeweile heimsucht. Und sie kommt immer wieder auf Besuch.
Das Klügste ruft bei Herrn Schnösel ein müdes Gähnen hervor, eines von der gelangweilten 
Sorte. Da kommt irgend wann die Enttäuschung  und er weiß, daß  er nun hart werden 
muß, damit, wenn man  an ihm reibt, Brösel  abfallen. Er ist begeistert und  drückt an  seiner  
umgehängten Semmel  um  festzustellen, daß  sie ja immer noch zäh ist, aber an manchen 
Stellen ist sie schon hart und er beschließt, nur an den harten Stellen reiben zu lassen, damit 
es schön bröselt. Das ist das Ende des 2. Aktes.

Es fällt der Vorhang und der Applaus ist eher zögernd, da niemand so recht weiß, warum es 
gerade jetzt aus ist, aber schließlich kommt doch noch Applaus auf im Saal. Es folgt eine 
Pause, wo eine Zigarette oder ein erfrischendes Cola getrunken bzw. geraucht 
wird. Manche schnappen aber auch nur so nach Luft und denken bei sich, daß  sie sich dafür 
nicht interessieren, aber weil es sein muß, geben sie sich halt Kultur. Ja, sie machen es ja 
nicht für sich, aber es ist halt auch was, was man machen muß. Man geht zurück in den 
Theatersaal, sucht sich seinen Platz, eigentlich wollte man sich ja in die erste Reihe setzen, 
aber die ist so auffallend leer, man will ja nicht auffallen, also bleibt man hinter der Säule 
sitzen und so weiter, da weiß sowieso jeder, wie es ist, wenn man sich Kultur gibt und es ist 
unbequem. Das Licht geht aus und die Scheinwerfer werfen eine Lichtscheibe auf den 
dunkelroten Vorhang, jeder ist neugierig, wie das weitergeht - aber es geht gar nicht so 
weiter, wie es sich das Publikum gedacht hat. Denn Schnösel Brösel ist verschwunden und 
ein ganz anderes Szenarium erscheint auf der Bühne.

Das Szenenbild ist eine Schlafzimmerlandschaft. Ein sehr breites Bett, aber nur eine 
Bettdecke. Auf der linken Seite liegen drei Frauen, die alle gleich aussehen und auf der 
rechten Seite sind drei Männer, die alle gleich aussehen. Es beginnt ein Dialog, der so über 
ganz normale Eheprobleme handelt und es sind manchmal alle, die reden oder 
abwechslungsweise, irgendwie gemischt.
Auch über Kochprobleme, was wem  wie schmeckt und so weiter. Langsam wird es dunkel 
und man schläft ein. (Auf der Bühne, denn das Publikum wird zunehmend mit buntem Licht 
angeleuchtet und eine junge Dame bietet Gratisgetränke und Zigarren an.
Die nächste Pause beginnt und jeder im Publikum weiß, daß  es irgendwie anders 
weitergehen  wird. Aber  das Licht erlischt plötzlich und der Schnösel erscheint mit seiner 
umgehängten Semmel vor dem Vorhang und bietet jedem Theaterbesucher das Geld für seine 
Eintrittskarte zurück, wenn er es wolle.
Worauf ein Mann mit geilen Blick und einer Blindenschleife am Hut den Theatersaal verläßt 
und beim Ausgang "Oh Tannenbaum" singt. Das Publikum applaudiert und ist froh, daß  es 
auf der Bühne endlich weitergeht. Es erscheint der Kartenausgeber und fragt nach einer sehr 
hohen Autonummer, die sich natürlich nicht ermitteln läßt.
                        
Vorhang


Nächste Szene

Großer Zweifel, wie wird es weitergehen, ein Sprecher erscheint auf der Bühne, fragt ins 
Publikum wie wird es weitergehen.
Am Anfang Schweigen. Keiner weiß so recht, der Sprecher fragt: "Ja soll es weitergehen, 
soll es überhaupt weitergehen oder ist es schon genug?"
Stimmengemurmel im Saal. Man beschließt, zuerst zögernd, doch dann bestimmt, ja es soll 
weitergehen.

Schnösel erscheint auf der Bühne und verbeugt sich. Singt das Lied "Alle meine Entlein" und 
hüpft auf der Bühne herum, plötzlich bleibt er stehen und schaut zum Himmel, er schaut so, 
als würde er etwas erkennen und nickt, dann nimmt er die Pappmachesemmel und steigt 
hinaus. Er steht neben der Kunstsemmel und wundert sich mit allen; wie er es nur zeigen 
kann, wundert er sich. Es beginnt das Entdecken dessen was er wirklich ist. Er schaut sich 
seine Hände an, seine Füße  und alles was er so ist. Schnösel schüttelt den Kopf immer wenn 
er etwas entdeckt hat. Er kann es nicht fassen, daß  die Semmel  nicht mehr da ist, die ihn 
so gut abgeschirmt hat, aber, wie er dem Publikum erklärt, eine schwere Last ist.
Der Vorhang fällt und einer, der dafür bezahlt wurde, ruft ins Publikum "Gott sei Dank. Die 
Kuh ist krank, das Schwein, das grunzt, im Stall ist's laut, wer zahlt mir Maut."
Worauf das Publikum wie aus einem Munde "Schnorrer" flüstert und jemand eine Papiertüte 
zerplatzen läßt, worauf das Licht erlischt und auf der Bühne ein Elefant erscheint, der von 
rechts nach links und wieder zurück getrieben wird.

Das nächste Bild sind Palmen und Strand und eine Unterhaltung über Wassertemperaturen 
und über die Gefahren des Tauchens, wo jeder natürlich eine sehr furchtbare Geschichte 
weiß, die vom anderen übertroffen wird, bis sie aber absurdum geführt wird und nur mehr 
Lügengeschichten erzählt werden, die immer phantasievoller bis in unendliche Dimensionen 
des menschlichen Verständnisses geführt werden.

Der Vorhang fällt ohne Vorwarnung und es ist eigentlich niemand überrascht, daß es ein so 
jähes Ende genommen hat.




4. Akt

Klassische Musik. Alle Akteure wie Ritter oder Prinzessinnen verkleidet, die sich  
beschweren, so eine  unbequeme Kleidungtragen zu müssen und das in unserem Jahrhundert. 
Man kommt zu dem Schluß, doch die Verkleidung  abzulegen und  sich so, wie man ist, 
zu zeigen. Die Leute ziehen sich die Verkleidung aus, und man sieht, wie sie sich 
wohlfühlen. Sie fühlen sich wohl, so wohl es geht, bis einer plötzlich sagt, es sei ihm 
langweilig.
Entsetzlich langweilig. Da kommt der Schnösel auf die Bühne und singt das Lied "Ich der 
Schnösel mache Brösel, ich der Schnösel mache Brösel, Brösel macht der Schnösel."
Verschwindet hinter dem Vorhang. Alle singen: "Ich der Schnösel mache Brösel und als 
Schnösel macht man Brösel."
Szenenapplaus aus dem Publikum. Jeder will der Schnösel sein und in diese Stimmung fällt 
der Vorhang.

Pause.
Ganz normale Pause ohne Unterschied zu anderen Pausen, es beginnt erst nach fast längerer 
Zeit, als die meisten erwarten.


Vorhang.

5. Akt

Das wahre Gesicht des Knoll

Aus Angst vor einer Überschwemmung trägt Herr Knoll einen überdimenionalen, in 
Semmelform verkleideten Schwimmreifen vor sich oder  um sich  herum, er ist  Gemüse-
Händler und  schwört auf biologischen Anbau. Obwohl er genau  weiß, daß es auch  nur ein 
Versuch ist. Er verbeugt sich tief  und holt Luft. Er macht, als ob er reden wollte, dann 
überlegt er sichs aber und hüpft wie ein Gasbock auf der Bühne herum, von links kommen 
die Damen angehüpft, in rosarotes Kreppapier gewickelt mit einer großen gelben Masche 
um den Bauch und hohen spitzen Hüten, die beim herumhüpfen immer verrutschen, die
Männer kommen von der rechten Seite und sind gekleidet wie Wildwesthelden. Sie halten 
Pistolenatrappen in der Hand aus deren Lauf auf einer Stange ein Schild montiert ist, auf dem 
Peng steht. Auch sie hüpfen herum und verlieren das Peng und werfen die Pistolenatrappen in 
einen großen Mistkübel.
Zwei Requisiteure erscheinen in dunkelblauer Arbeitskleidung und verscheuchen die Leute 
von der Bühne, sie räumen die Requisiten weg und hängen Bilder und Stilleben an die Wand.
Sie sprechen miteinander und ignorieren das Publikum. Worauf im Saal Gemurmel, entsteht 
bis sich einer den Mut faßt und auf die Bühne ruft: "Und was ist mit uns? Wir wollen was 
sehen."
Die Akteure bis auf die zwei Requisiteure nehmen in den ersten Reihen Platz und  deuten den  
Leuten, doch  ruhig  zu  sein. Denn jetzt geht es  ja erst richtig  los  und sie wollen es nicht, 
den Anfang zu versäumen.

Kurzer Vorhang.

Es werden Erfrischungstücher verteilt. Ein Mann in Kochbekleidung geht mit einem 
Gulaschsuppentopf durch die Reihen und läßt die Leute riechen. Ein als Guru Verkleideter 
hat einen Bauchladentempel mit einer Buddha-Statue und Räucherstäbchen und singt: "Rote 
Lippen soll man küssen."

Auf der Bühne haben sich in der Zwischenzeit Bodybuilder aufgebaut und singen im Chor:
"Ich muß in mein früheren Leben eine Leblaus g'wesn sein."
und machen ein paar Kniebeugen und zeigen gleichzeitig ihre Posen.
Es kommen eine Reihe von Frauen, die die Bodybuilder von der Bühne verdrängen, sie 
bilden einen Kreis und schauen immer in den Zuschauerraum und singen "Rot weiß  gelb und 
blau gestreift ist im Stall die Sau. LALALA."
Applaus im Zuschauerraum und man bespricht sich untereinander, ob man noch 
weitermachen soll oder ob sich jeder selber ausdenken soll, wie es weitergeht. Man einigt 
sich darauf, daß man auch ohne Bühne weitermachen kann und löst die Veranstaltung auf. 
Die Leute schütteln sich selber die Hände und klopfen anderen bewundernd auf die Schulter. 
Einige küssen sich sogar und sind mit sich sehr zufrieden. Jeder denkt bei sich "Ja, ja, der 
Schnösel, der macht wirklich Brösel und der Schnerz macht einen Scherz. 
So geht das Stück mit dem Schnerz weiter, somit endet das Theaterstück "Schnösel macht 
Brösel" und ist Vorspiel der Aufführung "Schnerz macht einen Scherz" geworden. Der 
Schnerz ist überall. Schnerz oder nicht Schnerz, das wird die zentrale Frage. Denn besser 
Schnerzen als Schmerzen im Herzen.


                 Quäle kein Tier im Schnerz, 
               denn es fühlt wie du den Scherz.