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Dietrich Hopsasa oder die Liebe zu verrückten Frauen

eine Erzählung von Herbert Georg Ossberger, 1987 Wien

Heute ist ein mieser Tag im Cafehaus, ist einfach nichts los. Die Leute rinnen wie ein dicker zäher Brei herum. Keine, keine Aussprache, keine Ansprache.EinSchas drückt mich und geht nicht raus. Sogar die Zigaretten schmecken nach Scheiße, mich interessiert ja nicht einmal das Bier.

Nur die verrückten Frauen haben es mir angetan. Man merkt gleich, ob eine verrückt ist, und verrückt sind sie alle, das macht es ja auch leichter, da muß man nur mehr feststellen wie und wo und nach was sie verrückt sind. Sogar das ist mir schon langweilig. Früher hatte ich manche nette Stunde, nur von der Vorstellung, welche Geisteskrankheit diese oder jene junge Dame zu verstecken versucht und mit welchen Tricks, sie das auch für gewöhnlich schafft. Aber heute interessiert mich nicht einmal das, und der Schas quält mich immer noch, aber es ist noch zuwenig los hier im Cafe, als daß ich es wagen könnte, ihn einfach rauszulassen. Genau genommen warte ich auf jemand. Es ist eine junge Dame, mit der ich gestern ein Gespräch geführt habe, über was, weiß ich nicht, aber es muß anregend gewesen sein, denn sonst würde ich nicht hier sitzen. Wir haben uns zwar ausgemacht, so gegen acht Uhr, so gegen 11 Uhr Abend, aber ich sitze nun schon seit 7 Uhr hier und warte. Ich warte nicht wirklich, denn was solls, es wird viel gesprochen, solange der Tag lang ist und wer weiß, ob sie überhaupt kommt. Und dann bin ich auch schon sehr müde und würde am liebsten schlafen, aber wer weiß, vielleicht gehe ich nach Hause, vergesse die ganze Sache und lege mich einfach nieder; oder ich bleibe hier, lasse meinen Schas und trinke noch ein paar Biere. Vorher war ich in meinem anderen Stammcafe und das war sehr anstrengend. Ich habe vor mehr als 10 Jahren den dortigen Oberkellner Herrn Rainhart versprochen ihn zu malen und er war sogar einmal im Atelier und ich habe halt irgendwie ohne richtige Lust begonnen, ihn zu malen, war aber nie so ganz zufrieden damit. Habe immer wieder ausgebessert und herumgemalt bis es mir vor kurzem einfach zu blöde wurde und ich habe das Bild einfach weggeschmissen. Das war eine Erleichterung. Denn nichts macht mich so wütend, wie ein Bild, das nie fertig wird und mir nicht gefällt. Na ja so bin ich eben und dieser Ober hat mich seit 10 Jahren gerollt: Wann das gute Bild denn endlich fertig sei und ich habe ihn zurückgerollt, er müsse einmal noch kommen und dann würde ich das Werk vollenden. Na gut, und heute habe ich ihm gesagt, daß ich sein Bild weggeschmissen habe. Ja, sein Bild, für das er bereits gezahlt hat, das kommt ja auch noch dazu. Aber da ist mir dann die Idee gekommen, daß ich ihn einfach im Lokal malen werde. Ob das eine gute Idee war, wird sich herausstellen, denn ich liebe es nicht sehr, wenn ich in meiner Arbeit beobachtet werde, aber es muß zum Abschluß gebracht werden. Es ist genug. Nächste Woche wird er gemalt und fertig. Man glaubt ja gar nicht, wie belastend so etwas für mich ist. Ich hasse leere Versprechungen und am meisten hasse ich es, wenn ich selber auch so bin. Naja ein ganz schön nerviger Tag.

Da braucht sich niemand wundern, wenn mich heute das verrückte Frauenerkennspiel nicht interessiert. Ach ja, ein Bild habe ich auch gemalt, gar nicht schlecht, eine fliegende Untertasse mit Flügeln und zwei Äpfel und eine Weintraube drauf. Das Motiv möchte ich noch einige Male malen, immer mit anderen Farben, wird interessant, wie ein und dasselbe Motiv von der Farbe her einen ganz anderen Inhalt bekommt. Welche Spätfolgen entstehen nach dem übermäßigen Konsum von Kartoffelchips? Diese Frage stellte sich mir in einer Bar, wo eine junge Frau mit einem Freund über die zugenommenen Kilos sprach, die sie durch den Verzehr von Kartoffelchips mit Paprikawürze angespeckt hat. Ich erklärte ihnen, auch mein verrücktes Frauenerkennspiel und mußte mir einiges philosophisches anhören, was alles ein bißchen zu gescheit war für mich, aber gut gemeint, und ein Beweis dafür, daß sich die Lieben auch so irgendwie ihre Gedanken machen, nur ich bin leider schon zu blöd, um es verstehen zu wollen.